Hope und Abigail
5.6.1998 - 8.6.1998
In Sprüche 18,10 heisst es: "Ein fester Turm ist der Name des Herrn; zu ihm läuft der Gerechte und ist in Sicherheit."
(Revidierte Elberfelder Übersetzung). Dies war der Themenvers einer Konferenz, die wir letzten Oktober in Birmingham,
Alabama, besuchten. Es war eine der kraftvollsten Zeiten, die wir als Ehepaar im Dienst erleben durften. Die Konferenz
hiess 'Zufluchtsstätte' und wurde von Student Life veranstaltet. Der Redner sprach über die Gründe, warum wir zu der
Zufluchtsstätte hinrennen, Gründe, warum wir dort bleiben und Gründe, warum wir sie verlassen. Es waren beeindruckende
zweieinhalb Tage. Wir wussten es damals noch nicht, aber der Herr bereitete uns vor für etwas, was uns in den kommenden
Tagen begegnen würde.
Der 19. Januar 1998 war der Tag, an dem wir begannen, Zuflucht in dem starken Namen des Herrn zu suchen. An diesem
Morgen las Scott beim Bibellesen im 4. Kapitel des Hebräerbriefes. In Vers 16 heisst es: "Lasst uns nun mit
Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen
Hilfe." (REÜ). Er hatte den Eindruck, als ob Gott an diesem Morgen zu ihm sagen würde, wir sollten uns an diesem Tag auf
diesen Vers stützen und ihn in unserem Leben ausleben.
Wir hatten einen Ultraschalltermin an diesem Tag, und wir waren
schockiert, aber auch sehr begeistert herauszufinden, dass wir Zwillinge erwarteten. Innerhalb von fünf Minuten
verwandelte sich unsere Begeisterung in Taubheit, als wir herausfanden, dass es ein Problem mit dem Kopf von Baby B gab.
Daraufhin begannen wir mit sechs Monaten medizinischer Schulung.
An diesem Nachmittag erfuhren wir von der Krankenschwester von Dr. M., dass Baby B Anenzephalie hatte einen
Neuralrohrdefekt, bei dem sich das Gehirn nur teilweise oder gar nicht entwickelt. Wir fragten sie, ob das bedeutet,
dass wir dieses Baby verlieren werden. Die Antwort am Telefon drang wie ein Messer durch unser Herz, als sie sagte, dass
wir das Baby tatsächlich verlieren würden. Wir trafen uns an diesem Nachmittag mit Dr. M., um zu besprechen,
was von nun an passieren würde (oder zumindest, was wir erwarteten). Wir sind dankbar, dass Dr. M. Christ ist.
Wir hatten Christus als verbindendes Element, als wir unsere Situation diskutierten. Dr. M. schickte uns zu Dr.
Ma. (Pensacola), der sich auf Risikoschwangerschaften spezialisiert hat. Wir suchten ihn auf, um eine zweite
Meinung einzuholen und Dr. M. Diagnose zu bestätigen. Dr. Ma. war sehr sachlich und sagte, dass Baby B nicht
überleben würde. Diese Worte klangen so hart!! Nach allen medizinischen Informationen, die wir an diesem Tag bekamen,
würde dieses Kind nicht überleben, aber wir hofften und beteten immer noch um ein Wunder.
Wir müssen hier noch hinzufügen, dass Gott so beeindruckend ist in seinen Wegen und in seiner Zeitplanung! Vom ersten
Tag an hat er Menschen und Umstände vorbereitet und sie uns während dieser ganzen Reise in den Weg gestellt, als ob er
uns sagen wollte: "Ich bin hier. Ich werde für euch sorgen. Ich werde mit euch da durch gehen." Das erste dieser
Ereignisse war, dass wir Debbie trafen. Sie war Krankenschwester in der Praxis von Dr. Ma., und war "zufällig"
Christin. Debbie half uns mit tröstenden Worten und durch ihre Ermutigung, unsere pochenden Herzen zu beruhigen, und
sie war sehr fürsorglich und sensibel für unsere Situation. Wir beschlossen an diesem Tag, das Geschlecht der Babies
herauszufinden, weil wir besondere Namen für sie aussuchen wollten. Wir würden zwei Mädchen bekommen welch ein Segen!
Wir brauchten nicht lange, um einen Namen für Baby B zu finden. Wir entschieden uns für Hope Elizabeth, was übersetzt
"Hoffnung in Gottes Versprechen" bedeutet. Der Name passte perfekt zu unserem kleinen Mädchen. Einige Wochen später
wählten wir den Namen Abigail Lynn für ihre Zwillingsschwester. Abigail bedeutet "Quelle der Freude" und Lynn ist der
zweite Name von Deidra. Wir beschlossen auf den passenden Zeitpunkt zu warten, um die Namen unserer Mädchen
bekannt zu geben.
In den folgenden Wochen stellten wir uns häufig Fragen nach dem 'Warum' und rangen mit der Tatsache, dass Gott dies in
unserem Leben geschehen liess. Obwohl Gott uns diese Fragen nicht beantwortete, zeigte er uns immer wieder, dass er
unsere Situation unter Kontrolle hatte. In dem Bewusstsein, dass Gott ein Ziel und einen Plan hatte, begannen wir zu
fragen: "Herr, was möchtest du uns in all diesem lehren?"
Vom 30. bis 31. Januar fuhren wir mit den Jugendlichen unserer Gemeinde zu der Student Life Konferenz nach Birmingham. Diese
Konferenz wurde von derselben Gruppe geleitet, die auch unser unglaublich gutes 'Zuflucht'-Wochenende veranstaltet
hatte. Es war Gottes geniale Zeitplanung, uns zu demselben Ort zurückzubringen, an dem unser Abenteuer begann. Das
Thema der Veranstaltung war Anbetung. Es war eine beeindruckende Zeit wahrer Anbetung unseres Himmlischen Vaters und der
Ausrichtung auf Ihn mitten in unserem Sturm.
Am 30. März kamen wir von einem weiteren Routine-Ultraschall von unseren Zwillingen zurück. Es gab keine Veränderung der
Lage von Baby B. Der Techniker informierte uns aber darüber, dass irgendwas nicht stimmte mit dem Herzen von Baby A, und
dass Dr. M. uns am Nachmittag anrufen würde.
Wie konnte es sein, dass eventuell mit beiden Babies etwas nicht in Ordnung ist? Wir kamen uns vor, als würden wir
träumen und bald aufwachen. Dr. M. rief an, um uns zu sagen, dass der Herzschlag von Baby A bei etwa 240 lag.
Der durchschnittliche Herzschlag bei einem Baby liegt bei 120-160, dies war also gefährlich hoch. Wir wurden
aufgefordert, unverzüglich zum Sacred Heart Hospital in Pensacola zu gehen, wo sich Dr. Ma. um uns kümmern würde
(derselbe Doktor, den wir im Januar wegen Baby B aufgesucht hatten).
Nach einem Test im Ruhezustand und einem anderen Ultraschall sagte man uns, dass Baby A an Herzversagen aufgrund von
Tachykardie litt. Um die Dinge noch komplizierter zu machen, hatte Deidra Wehen. Die Babies waren erst in der 25. Woche
und angesichts der Lage von Baby A gab es keine überlebenschance, wenn sie jetzt geboren werden würden. Die zwei Ziele
waren nun, die Wehen zu stoppen und den Herzschlag von Baby A zu verlangsamen indem Deidra mit Medikamenten vollgepumpt
wurde.
Freunde aus unserer Gemeindefamilie begannen, zur richtigen Zeit aufzutauchen, um ihnen die Namen unserer Mädchen zu
sagen, so dass sie spezifisch mit Namen für sie beten konnten. Nach zwei langen Wochen im Krankenhaus, waren die Wehen
zurückgegangen, Abigails Herzrhythmuskurve verlief die meiste Zeit normal, und die Flüssigkeit, die sich auf ihrem
Körper aufgebaut hatte, begann zurückzugehen. Preist den Herrn! Während des ganzen Krankenhausaufenthalts zeigte Gott
ununterbrochen seine Liebe und wachende Fürsorge für uns durch die Besuche von Leuten aus unserer Gemeinde und anderen
Gemeinden genau zu der Zeit, wo wir es am meisten brauchten. Die Hand Gottes zeigte sich auch in der Fürsorge, die wir
von den Krankenschwestern und ärzten bekamen, viele von ihnen waren gläubig, und sie wurden wie Familie für uns.
Nachdem wir nach Hause kamen war unser Hauptziel und Gebetsanliegen, dass Deidra bis zu 34. Woche durchhalten würde,
daher verschrieben die ärzte ihr Bettruhe. Wenn die Zwillinge bis zur 35. Oder 36. Woche im Bauch bleiben könnten, würde
es noch besser sein, und Abigails Herz würde stärker sein.
Gott erinnerte uns noch mal daran, dass er alles unter Kontrolle hatte, als wir Dr. B. aufsuchten, der Abigails
Kinder-Herzspezialist werden sollte. Er machte einen Ultraschall und die beste und aufregendste Nachricht war, dass alle
Flüssigkeit auf Abigails Körper völlig verschwunden war und die Struktur ihres Herzens gut aussah. Das war definitiv
eine Antwort auf unsere Gebete.
Am 21. Mai machte Dr. Ma. eine reduktive Fruchtwasserpunktion, und entnahm zweieinhalb Liter Flüssigkeit aus Hopes
Fruchtblase. Dies verringerte die Wehen weiter, und wir konnten Zeit gewinnen.
Gottes Timing ist perfekt. In den frühen Morgenstunden (0:30 Uhr, um genau zu sein) des 5. Junis brach Deidras
Fruchtblase. Wir hatten es bis zur 35. Woche geschafft! Eines unserer Gebete war, dass wir es wir es bis zum Krankenhaus
schaffen würden, das eine Stunde entfernt in Pensacola lag. Wir verliessen das Haus um 0:45 Uhr und fuhren mitten in der
Nacht auf einer Strasse, die normalerweise von Touristenautos vollgepackt ist, und schafften es so in 40 Minuten, dort
hinzukommen. Donna, eine unserer Lieblingskrankenschwestern, hatte gerade "zufällig" Dienst. Wir waren dankbar, dass wir
so schnell hingekommen waren, denn innerhalb von kürzester Zeit war Deidras Muttermund 10 cm offen.
Gott brachte in seiner Souveränität und als Antwort auf unzählige Gebete zwei kostbare Geschenke in diese Welt Abigail
Lynn um 3:46 Uhr und Hope Elizabeth um 3:47 Uhr morgens.
Hope ist wirklich ein Wunder, denn die Hälfte der Babies mit Anenzephalie überleben nicht einmal den Geburtsprozess. Von
denen, die es schaffen, leben die meisten nur ein paar Stunden. Gott war so gnädig, uns dreieinhalb Tage mit unserer
kostbaren Hope zu geben. Unsere Eltern kamen von St. Louis und Texas, um sie kennen zulernen und wertvolle Momente mit
ihr zu verbringen. Ein anderes Gebet war beantwortet worden. Obwohl es schwer zu verstehen ist, warum wir Hope nicht
behalten konnten, wissen wir, dass sie ein Engel war, den uns Gott geschickt hatte, der das Leben vieler Menschen
berührt hat und viele auf die Knie gebracht hat in eine engere Beziehung zum Herrn. Ihr kurzes Leben auf der Erde war
ein Zeugnis für ärzte und Krankenschwestern, sie kamen ins Zimmer und waren erstaunt, dass Hope immer noch am Leben war.
Wir sind dem Herrn so dankbar für die Zeit, die wir mit unserer Hope verbringen konnten, dass wir sie halten und lieb
haben konnten.
Hope starb friedlich in Deidras liebevollen Armen am 8. Juni um 21:10 Uhr. Jetzt ist sie vollständig geheilt und sie ist
im Himmel, sicher in Jesu Armen. Wie Lauren sagt: "Hope ist im Himmel und freut sich da mit Jesus!" Laurens Worte sind
eine dauernde Erinnerung an den kindlichen Glauben, den Gott sich in jedem von uns wünscht.
Abigail ist auch ein Wunder, und sie wäre heute nicht hier, wenn Dr. M. nicht zur richtigen Zeit einen zweiten
Ultraschall angeordnet hätte. Das Herz eines Babys kann nicht mit dem Stress eines zu schnellen Herzschlags fertig
werden. Nach solanger Zeit hätte sie totales Herzversagen bekommen und wäre noch im Mutterleib gestorben. Wieder Gottes
Zeitplanung! Nach der Geburt, wurde Abigail zwei Wochen lang auf der Intensivstation überwacht. Die ärzte stabilisierten
sie mit zwei Herzmedikamenten, weil sie diese nicht mehr über Deidras Plazenta aufnehmen konnte. Anschliessend bekamen
wir CPR (cardiopulmonary resuscitation) und Herzmonitortraining, wir konnten sie nach Hause bringen mit einem
Herzmonitor.
Heute ist Abigail acht Wochen alt, und ihrem Herzen geht es gut. Die ärzte sind sehr optimistisch, dass diese
Herzprobleme sich im Laufe der Zeit verwachsen.
Gott hat uns so vieles über sich und seine Liebe für seine ganze Schöpfung beigebracht. Wir kennen ihn auf intimere
Weise und haben seine Gegenwart erlebt auf eine Weise, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Wir vertrauen dem
Herrn weiterhin und seinem Plan für unsere Leben, während wir einen Tag nach dem anderen nehmen.
"Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Massen mehr als wir erbitten oder erdenken, gemäss der Kraft, die in uns wirkt, ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde und in Christus Jesus auf alle Geschlechter hin von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen"
Epheser 3,20-21, REÜ
Dem Herrn hingegeben,
Scott, Deidra, Lauren, Abigail und unsere "Hope (Hoffnung), die in dem Herrn ist"
Aus dem Amerikanischen übersetzt mit Erlaubnis der Anencephaly Support Foundation
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 23.02.2019