Go to content; Go to main menu; Go to languages.
Menu

Charlotte Mary

 

Charlotte, baby in Anencephalie

Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.
1.Kor.13,7

Es hat nicht lange gedauert nach dem Tod von Benedict, bis wir uns wieder ein Baby wünschten. Der Kaiserschnitt, den ich bei Benedict gehabt hatte, war ein klassischer, normaler Schnitt gewesen, so dass uns leider mitgeteilt wurde, dass ich von nun an nur durch Kaiserschnitt entbinden könne, das Risiko eines Gebärmutterrisses wäre zu gross. Wir hatten uns immer eine grosse Familie gewünscht, nun wussten wir, dass die Zahl der möglichen Kaiserschnitte begrenzt sein würde.

6 Monate nach der Geburt von Benedict wurde ich wieder schwanger. Proppevoll mit Folsäure war ich zuversichtlich, dieses Mal ein gesundes Baby zu bekommen. Man hat mir einen Ultraschall in der 12.Woche vorgeschlagen und ich schaute dem Termin voller Erwartung entgegen. Der Gynäkologe begann mit dem Ultraschall, hier war mein Baby, alles war an ihm dran, doch es bewegte sich nichts. Der Arzt war sehr nett; er sagte mir leise, er sollte jetzt eigentlich einen Herzschlag oder eine Bewegung sehen. Er wartete und wartete. Ich schaute auf den Bildschirm und flehte innerlich mein Baby an, "bewege dich doch, bitte, bewege dich...". Aber es war schon von uns geschieden ein oder zwei Tage zuvor.

Durch Benedicts Tod hatten wir bereits Einsicht in den nötigen Trauerprozess bekommen, dies erleichterte vieles für uns dieses Mal. Wir haben unsere Tochter Hannah genannt und haben ein kleines Büchlein zusammengestellt, mit den wenigen Erinnerungen, die wir hatten. Darin beschrieben wir, wie wir uns fühlten, nachdem wir von dieser Schwangerschaft erfahren hatten, listeten die Arzttermine auf, und unsere Gefühle nach der Nachricht ihres Todes, etc. Es half uns, etwas zu tun, auch wenn es nur wenig war. Ich fühlte, dass wir Hannah so ihren Platz in unserer Familie zugestanden; einen Platz, der nur ihr gehörte. Nachher war es richtig wieder in die gewohnte Tagesordnung überzugehen, sie hatte ihren eigenen Platz bekommen. Ich hatte das nie so empfunden bei meiner ersten Fehlgeburt (meine 2.Schwangerschaft), wir hatten damals nicht innegehalten, um diesem Kind seinen spezifischen Platz in unserer Familie zu geben; wir wussten nicht, wie um dieses Baby zu trauern.

3 Monate nach der Fehlgeburt von Hannah, fühlten wir uns wieder bereit, ein Baby zu zeugen. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich bereits seit 10 Monaten täglich die empfohlenen 5mg Folsäure. Ich fing damit 2 Monate vor Benedicts Geburt an. An Benedicts erstem Geburtstag war ich 6 Wochen schwanger mit Elijah.

Nach einer problemlosen, aber nervlich sehr angespannten Schwangerschaft, wurde Elijah im Januar 2003 geboren. Er ist so wertvoll! Es war solch eine Erlösung ihn endlich in meinen Armen zu halten! Es kam uns vor, als seien wir zum ersten Mal Eltern geworden. Es war ein grosses Ereignis unser Neugeborenes nach Hause zu bringen, ihn wachsen zu sehen usw.; jeder Augenblick mit Elijah ist wertvoll, wir bewundern jeden neuen Schritt, den er vorwärts macht. Wir wissen, dass das Leben sehr kurz sein kann, so haben wir gelernt, jedes kleine Detail zu schätzen und zu sehen, wie Cecilia und Sebastian ihren kleinen Bruder lieben ist so wunderbar.

Wir wussten, dass es eine lange Zeit brauchen würde, bis wir wieder zu einer neuen Schwangerschaft bereit wären. Die 2 klassischen Kaiserschnitte, die ich gehabt hatte, lagen nur 18 Monate auseinander. Das waren für mich physische, wie auch psychische Gründe. Die Sorge um eine weitere Anencephalie, eine F ehlgeburt, die körperliche Müdigkeit, die täglichen Injektionen (aufgrund eines Blutkoagulationsproblems) waren alles wichtige Gründe, um uns an unseren 3 Kindern zu freuen, aber jeden Gedanken an eine andere Schwangerschaft im Moment in die Ferne zu schieben.

Doch als Elijah gerade 9 Monate alt war, stellte ich fest, dass ich wieder schwanger war! Unsere erste "überraschungsschwangerschaft". Von dem Moment an, wo ich der Möglichkeit einer Schwangerschaft gewahr wurde, nahm ich wieder meine Folsäuretabletten ein, es war der Tag des Eisprungs. Ich hätte 3 Monate vor einer Befruchtung beginnen sollen meine Tagesdosis von 5mg einzunehmen. Auch wenn ich von diesem Tag an die empfohlene Dosis einnahm, verspürte ich wieder dieses Bedrohliche über uns. Ich schrieb meiner Selbsthilfegruppe für Schwangere, die bereits ein Baby verloren hatten. "Gott hat grosse Pläne für dieses Baby... um dieses Baby zu erschaffen, hat Gott verschiedene Hindernisse überbrückt; meinen Wunsch, jetzt nicht schwanger zu werden, unsere Verhütungsmethode und meinen tiefen Progesteronspiegel... er muss grosses vorhaben!!!"

Ich war psychisch nicht bereit für diese Schwangerschaft. Es war nicht das Baby, das mir Angst machte, sondern die Schwangerschaft. Die Sorge, die ich mir machte, war fast unerträglich. Voller Angst und Spannung warteten wir auf den ersten Ultraschall in der 12. Woche. Natürlich würde alles in Ordnung sein mit unserem Baby.

Ironischerweise untersuchte mich auch dieses Mal die gleiche Ultraschalltechnikerin, die bereits Benedicts gestellt hatte. In dem Moment, als sie das Gerät in Betrieb setzte, konnte ich erkennen, dass das Baby Anenzephalie hatte. Ich redete mir ein, dass ich mich irre, während ich doch auf dem Bildschirm sah, dass der Kopf zu klein war. Mein Herz begann wie verrückt zu schlagen und ich wartete. "Was war es das letzte Mal für ein Neuralrohrdefekt?" fragte sie uns. Als wir ihr antworteten "Anenzephalie", sagte sie, "Es tut mir leid, aber es scheint mir das Gleiche zu sein. Wir können dies aber nicht früher diagnostizieren." Ich dachte, "früher???" 12 Wochen waren bereits viel zu früh, wenn sie mich fragen. Aber in diesem Augenblick realisierte ich, dass sie an eine Abtreibung dachte! Ich sagte, "Ich habe meinen Sohn bis zum Geburtstermin ausgetragen und das werde ich auch dieses Mal wieder tun." Wir konnten unsere Fassung behalten, bis wir im Auto sassen, so wusste die Technikerin nicht recht, wie sie uns gegenüber reagieren sollte. Sie meinte "Dann ist es eher eine Planänderung für Sie, da sie die Schwangerschaft ja weiterführen wollen..." Ich glaube, wir gaben ihr den Eindruck die Diagnose ohne Probleme zu akzeptieren, weil wir nicht hysterisch wurden. Ich dachte ungläubig, "War dies der Plan???"

Gerade als wir uns so langsam an den Gedanken einer neuen Schwangerschaft gewöhnt hatten, mussten wir wieder unsere Pläne ändern, und uns mit der Tatsache abfinden ein anderes Baby zu verlieren. Wir hatten noch fast niemandem erzählt, dass ich wieder ein Baby erwartete. Das Schlimmste war, dass wir dem Baby nicht einmal einen Namen geben konnten, da die 12. Woche zu früh ist, um das Geschlecht zu erkennen.

Ich hatte immer noch Angst vor einer Fehlgeburt, weil ich bis zur 20. Woche keine Bewegungen verspürte. Mein Hausarzt hatte mir mitgeteilt, dass ich eine tiefliegende Plazenta hätte. Die 12. Woche ist zwar zu früh, um eine solche Diagnose zu stellen, aber da ich schon 2 klassische Kaiserschnitte und Plazenta Prävia gehabt hatte, war das Risiko sehr gross. Ich habe mich dann auf Internet informiert über den Ausdruck "Plazenta Accreta". Ich fand heraus, dass ich mit meinen 2 Narben, mehreren Schwangerschaften und vorheriger Plazenta Prävia eine 47%ige Chancen hatte eine Plazenta Accreta zu entwickeln. Das ist eine Komplikation, bei der die Plazenta tief in dem Gebärmuttermuskel eingepflanzt ist , anstatt nur an der Oberfläche zu haften. Diese Komplikation hat meistens eine Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter) zur Folge. Das war zu viel für mich!

Von Anfang an verglich ich alles mit Benedict. Benedicts Geburt und Leben verlief perfekt, wir hatten Angst, dass dies mal alles nur schlimmer sein könnte. Dieses Baby würde sicher nicht so lange leben wie Benedict, dieses Baby konnte nicht so schön sein wie Benedict, mein Kaiserschnitt würde nicht so glimpflich verlaufen...

Dieses Baby von Benedict zu unterscheiden war fast unmöglich. War die Zeit mit Benedict nicht ein weltbewegendes, lebensveränderndes Ereignis, nicht etwas, das wir zweimal durchmachen sollten.

Ich hatte meine erste Schwangerschaftsuntersuchung nach der Diagnose in der 18. Woche. Da der Ultraschall bereits in der Klinik gemacht wurde, war ich sicher, dass das Resultat der anderen Abteilung mitgeteilt worden war. Doch während ich über 45 min. im Wartesaal sass, umgeben von glücklich schwangeren Frauen, begann ich zu realisieren, dass dies nicht der Fall gewesen war. Ich wusste, dass sie mich sonst nie hier gelassen hätten. Mit einem immer grösser werdenden Angstgefühl, realisierte ich, dass ich ihnen die Mitteilung selber überbringen musste. Eine Hebamme rief mich schliesslich, und auf dem Weg zum Untersuchungsraum fragte sie mich, "Wie geht es Ihnen?", so wie wenn man sich einer positiven Antwort sicher ist. Ich entgegnete etwas abwesend, "nicht zu schlecht..." Ich dachte bei mir, "Wenn sie meine Akte öffnen wird, wird sie es sehen..."

Leider merkte ich während der Untersuchung, dass die Ultraschallresultate auch nicht weitergeleitet worden waren und dass ich etwas sagen musste. Die Hebamme fragte mich, "Hatten Sie schon einen Ultraschall?" Ich antwortete ihr, "Ja, in der 12.Woche und dieses Baby leidet an Anenzephalie..." Sie schaute mich einen Moment an und sagte dann, "Aber Sie haben schon ein Baby an Anenzephalie verloren! Das ist einfach zu schwer zu ertragen für eine einzelne Person!" Sie war sehr nett zu mir, sie versuchte mich zu trösten, während ich völlig meine Verfassung verloren hatte zu diesem Zeitpunkt. Ich fragte sie, ob Maggie sich von nun an um mich kümmern könne, wie sie das auch bei Benedict getan hatte. Maggie arbeite nicht mehr in dieser Abteilung, aber sie wolle schauen, was sie für mich tun könne. Die Hebamme tat mir in dem Moment fast mehr leid als ich selber. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sich in so einem Augenblick fühlen muss ohne vorher darauf vorbereitet worden zu sein. Unter diesen Umständen, fand ich, hat sie sehr gut gehandelt.

Zwei Wochen später rief sie mich an, Maggie sei bereit, sich weiter um mich zu kümmern, obwohl sie eigentlich nur noch im Gebärsaal arbeite. Was für eine Last fiel von meinen Schultern! Welch eine Erleichterung zu wissen, dass Maggie sich um uns kümmern würde, alles schien doch noch gut zu werden! Sie wusste was zu tun war... sie kannte uns... sie hatte dies alles schon einmal erlebt... alles würde nun gut verlaufen!

Zur gleichen Zeit hatte ich den 2.Ultraschall. Wir waren glücklich und traurig zugleich, zu erfahren, dass wir ein Mädchen erwarteten. Wir hatten auf eine kleine Schwester für unsere älteste gehofft. Nach 3 Jungen begannen wir zu denken, dass Cecilia unser einziges Mädchen bleiben würde... Es war hart zu hören dass es eine Tochter war, die nicht bei uns bleiben würde. Aber jetzt hatten wir endlich einen Namen, und was für einen schönen, Charlotte Mary! Meine Plazenta Prävia wurde als Stufe III diagnostiziert, was bedeutet, dass die Plazenta zum Teil auf dem Muttermund liegt.

Durch ihren Namen, bekam Charlotte endlich ihre eigene Identität, deutlich unterschieden von ihrem Bruder. Sie hatte auch einen ganz anderen Charakter als Benedict. Sie bewegte sich sehr, während er eher ruhig gewesen war. Benedict hatte es nie geliebt, wenn man seine Herzfrequenz gemessen hatte, Charlotte machte das nichts aus. Sie waren beide einzigartig.

Wie macht man so was zweimal? Mit der Schwangerschaft von Benedict hatten wir alles gemacht, mussten wir jetzt alles noch einmal machen? Zwei Schmuckkettchen mit speziellem Anhänger? Gebetsanliegen um die ganze Welt gehen lassen? Sollten wir die gleichen Lieder und Texte für die Beerdigung aussuchen oder sollten wir alles ändern? Und falls wir nochmals alles gleich machten, war das dann ungerecht Charlotte gegenüber?

Es dauerte mehrere Wochen, bis wir mit unseren Gefühlen ins Reine kamen und schliesslich einen Plan für Charlottes Zeit mit uns ausgearbeitet hatten. Manche Dinge würden gleich bleiben, wie das Büchlein für den Trauergottesdienst, das ausser einem neuen Bibelvers keine Veränderungen enthielt. Manche Sachen machten wir diesmal anders. Anstatt Hunderte Gebetsanliegen zu verteilen, gaben wir nur eine Anzeige auf in ein paar katholischen Zeitschriften und Diskussionsforen. So erreichten wir die meisten unserer Bekannten, und dazu noch viele Unbekannte. Wir gaben diesen Brief auch an jene weiter, mit denen wir in regelmässigem Kontakt waren, damit sie besser verstehen konnten, was wir durchmachten.

Seit längerem bereits wollte ich über meine Gefühle und Gründe schreiben, ein todkrankes Baby auszutragen. Dieser Wunsch wurde nach Charlottes Diagnose noch stärker. Dadurch, dass sowohl meine Schwester als auch ich selber ein Baby mit Anenzephalie ausgetragen haben, konnte ich es aus zwei Perspektiven erleben. Wahrscheinlich besser als jemand anders, weiss ich wie schwierig es für aussenstehende Personen ist, die ganze Situation zu verstehen, weil ich selber Tante und Mutter eines Kindes mit Anenzephalie bin. So habe ich einen Aufsatz geschrieben ("Weshalb ein sterbendes Baby austragen? Die Perspektive einer Mutter"), in dem ich meine Gedanken, Gefühle und alle Ideen, die mir durch den Kopf gegangen sind seit Benedicts Diagnose aufgeschrieben habe. Ich gab den Text Maggie zum lesen, verteilte ihn via E-Mail an Freunde und Familie. Er wurde immer weitergereicht und nach einiger Zeit bekam ich eine Anfrage von dem Verleger einer katholischen Homepage, der meinen Text veröffentlichen wollte!

Ich hatte keine Ahnung, wie viele Leser seine Homepage hatte, aber am Tag der Veröffentlichung, bekam meine Homepage über Benedict mehr Besucher als sonst in einem ganzen Monat! Wir wurden überflutet mit E-Mails von Leuten, die uns ihre Hilfe und ihren Beistand im Gebet anboten.

Jemand gab meinen Text einem Redaktor der Zeitung "Herald Sun" in Melbourne. Er fragte uns, ob sie einen Artikel über Charlotte schreiben dürfen. 5 Tage vor Geburtstermin kamen sie zu uns nach Hause, um ein Interview und ein paar Fotos zu machen. Der Artikel kam in der Sonntagsausgabe heraus, einen Tag vor Charottes Geburt. Eine Doppelseite mit Fotos auf Seite 4 und 5! Wieder wurden wir überschwemmt mit Reaktionen, per Post dieses Mal. Wir waren erstaunt, dass unser Artikel in allen grossen Städten Australiens publiziert worden war Dank eines Verlegerverbandes. Bis 6 Wochen nach Charlottes Geburt bekamen wir 2 bis 3 Briefe pro Tag, oft von uns ganz unbekannten Leuten. Die Zeitung gab am darauffolgenden Sonntag (einen Tag nach Charlottes Tod) einen weiteren Artikel über uns heraus, mit einem Foto von Mark und mir, mit Charlotte in unseren Armen. Es war so berührend zu sehen, wie positiv die Leute auf Charlottes Geschichte reagierten.

Was wir auch anders machten, dieses mal beteten wir um ein Wunder. Als ich mit Benedict schwanger gewesen war, war unser Gebet nur "Dein Wille geschehe". Es war, als wüsste ich, dass er nicht geheilt werden würde und ich hatte Frieden darüber. Als wir Charlottes Diagnose bekamen, war mein Gedanke, "Gut, dieses Mal müssen wir für ein Wunder beten, weil ich nicht ertragen könnte ein zweites Baby zu verlieren!" Also fragten wir Mutter Teresa, ob sie für uns im Gebet einstehen könnte, auf dass Gott unser Anliegen erhören und unsere Tochter heilen möge. Tausende von Menschen begleiteten uns in unserem Gebet.

Für ein Wunder zu beten, bedeutete nicht, dass wir eines erwarteten, wir wussten nur zu gut, dass die Antwort eher "Nein" sein würde. Wenn immer Wunder geschehen würden, wäre es schliesslich nichts Aussergewöhnliches mehr. Wir waren nicht überrascht oder enttäuscht nach der Geburt zu sehen, dass unsere Tochter nicht geheilt war. Aber wir wussten auch, dass Gott mächtig genug war, sie zu heilen und das gab uns Hoffnung. Alle Gebete werden erhört, nur nicht immer so, wie wir es gerne hätten. Die Gebete, die für uns getan wurden, gaben uns sicher ein tiefes Gefühl des Friedens, manchmal fast unbewusst, aber in anderen Momenten fast berührbar. Eine Gegebenheit, die uns beiden stark im Gedächtnis geblieben ist, passierte kurz vor Charlottes Geburt. Der Kaiserschnitt war um eine Stunde verschoben worden und wir waren im Gespräch mit Maggie und Bruder Anthony. Bruder Anthony betete für uns und während er uns segnete, durchflutete uns ein tiefer Frieden und eine grosse Ruhe, die uns durch den ganzen Tag begleiteten. Keiner von uns beiden hatte vorher so etwas erlebt.

Das will nicht heissen, dass ich immer so ruhig war während der Schwangerschaft. Es gab auch viele unkontrollierbare und dunkle Gefühle. An gewissen Momenten fühlte ich mich wie ein Strohhalm, der beim nächsten Sturm zu zerbrechen drohte. Während der Schwangerschaft mit Benedict hatte ich mich nie gefragt, "Warum?" Da meine Schwester auch ein Baby durch Anenzephalie verloren hatte, war meine Einstellung eher "Warum nicht?" Aber all das 2 Mal zu erleben! Mein Herz schrie, "Warum, warum, warum?" Wieso konnte es nicht eine Krankheit sein, mit der sie leben konnte? Was mussten wir dieses Mal lernen, das wir nicht schon mit Benedict gelernt hatten? Und die beängstigende Frage - würde es wieder geschehen? Schliesslich musste ich einsehen, dass ich nie alle Antworten auf meine Fragen bekommen würde hier auf dieser Erde. Ich musste versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und "mich nicht auf meine eigene Intelligenz (Verständnis) zu verlassen".

Da ich in einer vorherigen Schwangerschaft eine Plazenta Prävia gehabt hatte, lebte ich ständig in der Erwartung des "Wann-wird-die-Blutung-diesmal-einsetzen" und der Angst vor einer so starken Blutung, die eine Notfallkaiserschnitt nötig machen würde. Doch ich war bereits in der 31.Woche, als ich das erste Mal leicht blutete. Nach einer Nacht im Krankenhaus durfte ich bereits wieder nach Hause. Der Ultraschall zeigte eine leichte Blutung hinter der Plazenta (Mutterkuchen) und eine Plazenta Prävia III. Grades. Ich musste in den darauf kommenden Wochen noch zweimal hospitalisiert werden. Die dritte Blutung stärker und dauerte über 24 Stunden. Ich wusste, dass es das nächste Mal ernst sein würde... aber das "nächste Mal" kam nicht! Ich hatte einen letzten Ultraschall in der 36.Schwangerschaftswoche und zu unserem grossen Erstaunen war die Plazenta "hochgerutscht"!!! In einer Zeitspanne von 5 Wochen hatte sich meine Plazenta so nach oben verschoben, dass nun überhaupt kein Risiko mehr bestand. Das hatte niemand erwartet.

Das Risiko einer Hysterektomie war nun sehr verringert und damit auch meine Angst vor dem nächsten Kaiserschnitt. Ich fürchtete mich sehr, dass es während der Operation zu Komplikationen kommen und ich eine Vollnarkose brauchen könnte. Charlotte könnte sterben während ich nicht bei Bewusstsein war. Ich wollte keine wertvollen Momente mit ihr verlieren, weil ich wusste, dass die Zeit sehr kurz sein konnte.

Zum Glück verlief alles gut beim Kaiserschnitt! Die örtliche Betäubung war beim weitesten die Beste, die ich je hatte. Ich hatte geglaubt, dass ich in Panik geraten würde bei der Injektion, aber ich war sehr ruhig, friedvoll, es war mir wohl... und ich meinte, ich höre nicht recht, als sie mir mitteilten, dass alles vorüber sei! Sie konnten einen kleineren Schnitt vornehmen, als vorgesehen, ich brauchte keine Bluttransfusion und nachdem mein Arzt meine Gebärmutter untersucht hatte, sagte er mir, dass einer weiteren Schwangerschaft nichts im Wege stehe!!!

Charlottes Geburt dauerte lange, weil sie sich die letzte Woche gedreht hatte und sich nun in Steisslage präsentierte. Es schien unendlich und ich hatte Angst, sie könnte verstorben sein, aber die ärzte wüssten nicht, wie es uns beizubringen. Aber schliesslich hörten wir einen kleinen Schrei und sie war geboren!

Sie war so süss und bedeckt mit Käseschmiere und sie glich so sehr Benedict. Wir zogen ihr ein weisses Käppchen an. Ich hatte zuerst ein weisses ausgesucht für den Fall, dass sich der Arzt getäuscht hätte und es trotzdem ein Junge gewesen wäre. Als Charlotte geboren war, konnte ich sie am Anfang fast nicht von Benedict unterscheiden wegen der ähnlichkeit. Es war mir ja vorher schon schwergefallen, als wir ihre Diagnose bekommen hatten; Charlotte zu akzeptieren und sie als eigenständiges Baby anzusehen. Es war uns dann leichter gefallen, als wir erfuhren, dass es ein Mädchen sein würde. Aber bei der Geburt vermischte sich wieder alles für mich. Als wir dann in unserem Zimmer waren, zog ich ihr so schnell wie möglich ein rosarotes Käppchen an und sie war wieder unsere Charlotte.

Ich hielt sie nah an meiner Brust, damit ich sie gut beobachten konnte. Sie schien so ruhig und ein bisschen violett zu sein, dass ich mir Sorgen machte. Ich fragte Maggie, ob sie atmete und sie antwortete mir "Ich glaube, ich nehme sie mit mir und massiere sie ein bisschen..." Sie sagte mir dann am nächsten Tag, dass Charlottes Puls so stark gesunken sei, dass sie fürchtete mein Baby würde hier sterben. So massierte sie sie und ich kann mir nur vorstellen, wie sie ihre eine regelrechte Standpauke hielt: "Du wirst es nicht wagen, jetzt zu sterben, nach all dieser Zeit wo deine Mama und dein Papa auf dich gewartet haben!" Als Maggie sie uns wieder zurückbrachte, war sie wieder schön rosa und wir wussten nicht, wie nahe wir daran gewesen waren, sie zu verlieren.

Sofort nach der Geburt hatte Bruder Anthony Charlotte getauft und konfirmiert. Er hat eine Menge schöner Digitalfotos gemacht und auch ein bisschen gefilmt. Diese kurzen Aufnahmen sind uns so wertvoll. Wir waren uns gar nicht bewusst, dass er filmte, so sind diese kurzen Filmstreifen, während denen wir Charlotte kennen lernten umso spontaner und natürlicher. Bruder Anthony ist während meiner ganzen Rehabilitationszeit bei mir geblieben. Seine Gegenwart war so ermutigend und wir waren ihm dankbar, diese Zeit mit uns verbracht zu haben.

Charlotte begegnete auch ihren Geschwistern. Unser 4jähriger Sohn war entzückt, "Oh, sie ist so hübsch!!!" Unsere 6jährige Tochter brauchte eine Weile, um sich an ihr kleines Schwesterchen zu gewöhnen. Wir hatten zum Glück genügend Zeit, so dass auch sie sich in Charlotte verliebte bevor sie starb. Elijah, der gerade 17 Monate alt war, schien gar nicht zu bemerken, dass noch ein anderes Baby im Zimmer war!

Charlotte hatte auch Besuch von ihren Cousins, Onkeln und Tanten, Grosseltern und Freunden - dieser erste Tag war sehr ausgelastet! Charlotte war sehr ruhig und friedlich, wir waren uns sicher, dass sie nicht so lange leben würde wie Benedict. Weil wir das alles schon einmal durchgemacht hatten, wussten wir, was uns erwarten würde und wir hatten Angst, dass einer unserer Besucher anwesend sein könnte, während Charlotte eine Atemnotkrise hatte. Wir waren recht nervös während diesem ersten Tag und waren froh, als es Abend wurde und wir wieder alleine waren.

Während den nächsten 6 Tagen gab es immer wieder Momente, da wir dachten, dass sie nun von uns scheiden würde. Das erste Mal passierte es etwa um 23 Uhr am ersten Abend - es schien uns höchst unwahrscheinlich, dass sie einen weiteren Tag erleben würde. Wir dachten ganz falsch! Es waren sicher 3 Krankenschwestern, denen ich beim Schichtwechsel sagte "Ich glaube nicht, dass sie noch lange leben wird..." Komischerweise, jedes Mal, wenn ich dachte, dass sie nun sterben würde, wurde es mir klar, wie viele wunderbare Momente wir nun schon zusammen verbracht hatten. Auch wenn sie an diesem ersten Tag gestorben wäre, wäre ich trotzdem dankbar dafür gewesen.

Ich habe sie nie gebeten, bei uns zu bleiben, ich war einfach zufrieden für die Zeit, die uns geschenkt wurde. Sie war so hübsch, rosig und süsser, als alles, was ich bis dahin je gesehen hatte. Sie war ruhig und friedlich und schien so viel kleiner und zerbrechlicher als Benedict. Stellen Sie sich vor, wie gross unsere überraschung war, als wir erfuhren, dass sie 2,970 kg wog, fast 500g schwerer als Benedict!

Nach dem 2. Tag fiel es uns auf, dass wir den ganzen Tag damit verbracht hatten auf ihren Tod zu warten. Wir beschlossen, so könne es nicht weitergehen und wir versuchten, uns einfach zu freuen, dass sie noch bei uns war - anstatt auf ihren Tod zu warten.

Wir brauchten dringend Schlaf. So kamen meine Mutter und meine Schwester in der 2. Nacht, um 6 Stunden bei Charlotte zu wachen, während Mark und ich uns ausruhen konnten. Wir konnten uns zwar nur zaghaft zu diesem Entschluss durchringen, weil wir zum Zeitpunkt ihres Todes alleine mit ihr sein wollten. Auf der anderen Seite benötigten wir den Schlaf wirklich und wir erklärten ihnen, dass sie uns unbedingt aufwecken müssten, falls irgend etwas nicht stimmen sollte. Was für eine Erleichterung zu wissen, dass sie in guten Händen war.

Maggie besuchte uns am 2. und 3. Tag wieder und konnte ein paar Stunden mit Charlotte verbringen. Ich glaube, dass war auch gut für sie. So konnte sie Bekanntschaft machen mit ihr als richtige Person. Sie schenkte Charlotte einen wunderschönen Teddybär, genau die richtige Grösse. Wir haben ihn Charlotte in die Arme gelegt und sie hielt ihn so praktisch die ganze Zeit; es war so süss!

Charlotte reagierte viel mehr auf die Umgebung, als das Benedict getan hatte. Vielleicht hat ihr Gehirn doch bis zu einem gewissen Grade funktioniert? Auch wenn wir über das keine Gewissheit haben, können wir doch annehmen, dass ihre Umgebung wahrnahm. Sie reagierte auf das Blitzlicht der Kamera, verfolgte Licht mit ihren Augen, schreckte bei Lärm auf, hatte kitzlige Hände und Füsse, verspürte klar Schmerz, wenn das Käppchen verrutschte und es schien ihr wohler zu sein, wenn wir ihr die Windeln gewechselt oder sie fertig angezogen hatten.

Sie fing an hungrig zu sein! Es dauerte bei mir eine Weile, bis es mir klar war, dass sie Hunger hatte; ich hatte nie in Erwägung gezogen, sie zu stillen! Mehrere Male hatte sie geweint und machte kleine Schnalzgeräusche mit der Zunge und wir wussten nicht was tun. Auf einmal dachte ich, "Vielleicht kann sie saugen???" Als ich probierte, sie zu stillen, hat sie ihren Mund geöffnet und begann die Milch zu saugen, die ich ihr ausdrückte. Sie hielt nicht sehr lange aus, aber es war so süss, zu sehen, wie sie probierte zu saugen, zu schlucken und die Milch schätzte. Weil ich Elijah noch nicht abgestillt hatte, hatte ich genug Milch. Wie war ich glücklich, dass ich dies noch nicht gemacht hatte! Wenn ich Charlotte stillte, dauerte es fast eine Stunde und nachher war sie wieder ganz ruhig. Es war mein fünftes Baby, wieso hatte es so lange gebraucht, bis ich sie fütterte??? Ein gesunder Säugling schreit und man gibt ihm zu trinken. Mein krankes Baby weint und ich denke, "Wie ist das süss!"... Ich bin so froh, dass wir sie beim Trinken gefilmt hatten. Was für eine schöne Aufnahme!

Weil sie so lange gelebt hatte, konnten wir beobachten, wie sich ihr Gesicht veränderte, wie das bei allen Neugeborenen der Fall ist. Ihre Nase schien ein wenig eingedrückt bei der Geburt. Aber nach 24 Stunden stand sie schön aufrecht und glich der Nase unserer anderen Kinder - Marks Nase!!! Sie wurde geboren mit einer kleinen Grube im Kinn, wie ich es habe, aber nach ein paar Tagen entwickelte sie das gleiche Kinn wie alle Streckfuss'. Sie hatte die Gewohnheit ihr Kinn vorzuschieben und ein zuckersüsses Mündchen zu machen, es war so drollig. Wir haben natürlich einen Haufen Fotos von ihr gemacht! Sie hatte eine leichte Gelbsucht am 3.Tag, sie behielt aber trotzdem ihre rosigen Wangen. Ihre Ohren waren wohlgeformt. Diejenigen von Benedict waren ein wenig platt. Charlotte hatte viele schwarze Haare, Benedict hatte hellbraune gehabt. Aber der grösste Unterschied zwischen den beiden war, dass Charlotte an der Brust saugen konnte.

Jeden Tag gab es einen Moment, da wir dachten, "jetzt ist es soweit!" Wir installierten vom 2.Tag an eine Sauerstoffkanüle. Das hielt sie nicht am Leben, half ihr aber nach jeder Atemnotkrise wieder besser atmen zu können. Als wir am 4.Tag (Donnerstag) angelangt waren, besprach man mit uns unsere Heimkehr. Wir hatten nie darauf gehofft! Wir mussten einen Autositz finden, verschiedene Krankendienste benachrichtigen usw. Als der Moment des Abschiedes kam, hatten wir Angst den Sauerstoffapparat dazulassen - was war, wenn sie während der Heimfahrt sterben sollte? Wir fragten dann eine nette Krankenschwester, ob es tragbare Sauerstoffflaschen gäbe; um den Sauerstoffzufuhr für zu Hause hatte sich Mark schon gekümmert. Als die Krankenschwester zurückkam, sagte sie, sie habe einen Transport im Krankenwagen organisiert! So kam es, dass Charlotte und ich an diesem Freitagnachmittag unsere erste Reise in einer Ambulanz machten! Ich fürchtete mich, Charlotte sterbe während dem Transport, aber alles verlief glatt und problemlos und wir verbrachten eine wunderbare Nacht zu Hause, bevor sie starb.

Als sie am Samstag von uns schied, waren wir beide anwesend. Wir hielten sie in unseren Armen, wir liebten sie und waren bereit, sie gehen zu lassen. Nach 6 wunderbaren Tagen, umgeben von unserer Liebe und unseren Gebeten und denjenigen unserer Familien und Freunden weltweit, verliess sie uns für den Himmel. Das Andenken an sie, werden wir für immer in uns behalten.

Ungefähr 30 Minuten nach dem Tod von Charlotte, klopfte die zuständige Hebamme an unsere Türe. Sie kontrollierte meine Operationswunde, wir waren aber vor allem froh über ihre tröstende Gegenwart. Sie untersuchte auch Charlotte, um sicher zu stellen, dass ihr Herz aufgehört hatte zu schlagen. Charlotte war so ruhig eingeschlafen, dass wir Mühe hatten, zu sagen, wann genau der Zeitpunkt ihres Todes eingetroffen war. Die Hebamme blieb bei uns, während Mark unseren Arzt verständigte. Sie war so nett und einfühlsam, dass wir sicher waren, dass Gott sie uns geschickt hatte.

Sie erklärte uns, dass, wenn ein Baby im Krankenhaus starb, die Eltern es für 2 bis 3 Tage im Zimmer behalten durften, und schlug uns vor, Charlotte bis zur kommenden Beerdigung am nächsten Dienstag bei uns zu behalten. Mark erkundigte sich beim zuständigen Bestattungsdirektor, und derjenige gab uns seine Einwilligung. So blieb Charlotte bis Dienstag bei uns, bis der Direktor sie holen kam, um sie im Sarg in die Kirche zu bringen.

Nachdem sich die Hebamme von uns verabschiedet hatte, sagte Mark zu mir, "Heute ist der 26.- Benedicts Todestag." Das war mir nicht einmal aufgefallen. Am Tag zuvor erinnerte ich mich, dass es Benedicts Geburtstag war und ich hatte gehofft, dass sie nicht an diesem Tag sterben würde. Aber an diesem Morgen, als uns klar war, dass sie uns verlassen würde, hatte ich nicht mehr an das Datum gedacht. Entweder war dies der grösste Zufall dieser Welt oder es hat eine Bedeutung!!! So teilen sie nun das gleiche "Himmelsdatum".

Wir verbrachten noch viele schöne Momente mit Charlotte. Jeder hielt sie wieder in seinen Armen. Mark und ich schliefen mit ihr zwischen uns in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Am Sonntagmorgen badete ich sie zusammen mit Cecilia und Sebastian während Mark uns filmte. Sie waren ganz entzückt, ihre kleinen Finger und Zehen zu waschen. Nachdem wir sie getrocknet hatten, wollten sie ihren Bauchnabel einpudern und waren richtig glücklich dabei. Cecilia wickelte sie frisch und half mir, ihr ein hübsches Kleidchen mit englischen Stickereien anzuziehen. Ein paar Freunde und unsere Angehörigen kamen uns wieder besuchen. Es war so schön, sie in unseren Armen nehmen zu können ohne zu fürchten, ihr weh zu tun. Nachdem wir noch so viel Zeit mit ihr verbringen konnten, war es am Schluss weniger schwer sie gehen zu lassen. Wir hatten sie hübsch angezogen und wickelten sie in eine Decke, die ich extra für die Beerdigung angefertigt hatte. Wir hielten sie ein letztes Mal in unseren Armen und die Kinder bedeckten sie mit Küssen. Mein Vater hatte den Sarg wieder selber geschreinert. Er war demjenigen von Benedict ähnlich, mit ein wenig mehr Dekorationen - er war sehr "hübsch" - was sehr gut zu Charlotte passte. Ich legte sie hinein und als der Moment gekommen war, habe ich den Deckel selber geschlossen.

Die Beerdigung war ein Fest ihres Lebens. Der Ablauf war fast der gleiche wie bei Benedict, die gleichen Lieder, fast die gleichen Texte. Fast alle Cousins und Cousinen von Charlotte brachten ein Geschenk während der Zeremonie und auch ein paar symbolische Gegenstände aus ihrem Leben (ihre Taufkerze, ein Foto, ein Plüschbär, verschiedene Geschenke, die sie bekommen hatte, individuelle Blumen...). Es waren sehr viele Personen anwesend und es war eine schöne Prozession. Bruder Anthony war wunderbar, er beendigte die Feier mit einem Dank an Charlotte, dass sie es ihm ermöglicht hatte, sie tragen zu dürfen.

Unser Bestattungsdirektor, ein älterer, sympathischer Herr, sagte uns, dass er sich nicht sehr wohl fühle an diesem Tag und wir dachten, er sei vielleicht krank. Aber er erklärte uns, "Ich habe keine Schwiegertöchter, auch keine Enkelkinder und ich liebe Kinder doch so sehr; ein Tag wie dieser geht mir ans Herz..." Das muss eine harte Arbeit sein.

Nach den Gebeten auf dem Friedhof haben wir "Salve Regina" gesungen, das gleiche Lied, wie an der Taufe in der Klinik. Jeder hatte eine Iris aufs Grab gelegt und nachher hatten wir zusammen 55 weisse, rosarote und lavendelfarbige Ballons losgelassen (ausser ein paar kleine Kinder, die sie nicht loslassen wollten!!!) Es war eine schöne, positive Note, mit der wir die Zeremonie beendigten! Wir wollten diese Beerdigung mit einer Ermutigung schliessen, weil für uns das Leben von Charlotte ein Triumph und keine Tragödie gewesen waren.

Und so liegen nun unsere beiden Babies Seite an Seite. Charlotte, Benedict und ihr Cousin Thomas Walter, einer neben dem anderen. Die beiden letzten Babies, die in diesem Friedhof beerdigt wurden, sind unsere. Es ist traurig, aber wir erlebten auch so viel Glück und einen grosse Segen vermischt mit der immensen Trauer, dass ich nicht sagen kann, dass es eine Tragödie war. Ich bin traurig, dass meine Kinder nicht bei uns bleiben konnten, aber ich bin auch dankbar, dass sie gelebt haben. Wir haben auf jeden Fall diesen tiefen Frieden empfunden, der alles Verständnis übersteigt. Sie kennen und lieben zu dürfen, war ein wertvolles Geschenk, das wir für immer in unseren Herzen tragen werden.

Teresa Streckfuss

 

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 22.12.2022